Handeln gegen die Angst

Ein Mann sitzt mit einer Wand im Rücken in einem dunklem Raum. Der Kopf ist verdeckt mit einer Vielzahl an Bändern

Bildrechte: Angst Adobe Stock, wonderland studios

Lange dachte ich, dass wir klar unterscheiden können, zwischen den Dingen, die wir in der Hand haben, und denen, die wir nicht beeinflussen können.
Ich zog hier auch die deutliche Parallele von der Schlagfertigkeit zur Resilienz.
Wenn Sie in einer Situation sprachlos zurückbleiben und sich beispielsweise über den Kollegen ärgern, dann können Sie das natürlich machen.
Aber Ihr Ärger ändert den Kollegen nicht.
Hier fand ich eine klare Parallele:
Meine Angst, nochmal an Krebs zu erkranken, beeinflusst eine mögliche Wiedererkrankung nicht.
Wenn wir nicht weiter in die Tiefe gehen, stimmt das vermutlich genauso.
Ich glaube aber inzwischen, dass der Blick in die Tiefe nochmal einen Hebel freilegt. Das will ich an den beiden Beispielen verdeutlichen.

Zum Kollegen:

Natürlich kann ich schlagfertig reagieren (sollte ich auch!) und mich danach bequem zurücklegen und sagen: „Den bekomme ich eh nicht geändert!“
Ich kann aber unter dem Gesichtspunkt der guten Kommunikation auch einen zweiten Blick wagen und mich fragen, ob ich hier vielleicht doch eine kleine Chance habe.
„Schlagfertigkeit rettet Ihnen die Situation, aber sie löst leider nicht den Konflikt“, darf ich mich an dieser Stelle einmal selbst zitieren.
Und ja, die Sache mit der Kommunikation ist längst nicht so lustig wie ein zweisilbiges „Du Fuchs!“, weil wir uns dabei mit viel mehr Fragen beschäftigen müssen – nach dem eigenen Menschenbild oder mit der Frage „Was will ich?“, um nur zwei zu nennen.
Wenn Sie das Gespräch gut vorbereitet haben und auch den Mut gefunden haben, es zu führen, gibt es natürlich leider immer noch keine Garantie darauf, dass Ihr Gegenüber so reagiert, wie Sie sich das wünschen, aber es ist einen Versuch wert.
In diesem Fall würde Sie der Ärger aber zum Handeln führen.
Wenn Sie mich fragen, ist das auf jeden Fall besser, als im Ärger zu verharren.

Und zur Angst:

Auch hier kann ich nochmal einen Blick in die Tiefe wagen.
Wenn ich mir eingestehe: Ja, ich habe ein tief verankertes ungutes Gefühl, dass ich nochmal erkranke. Dann komme ich nicht drumherum, mir die Frage zu stellen:
Was habe ICH denn schon getan, dass es besser wird?
Und dann sind wir – zack – beim Thema Lebensführung.
Verhalte ich mich so wie jemand, der vorgibt, Angst zu haben?
Mache ich alles, was in meiner Hand liegt? Gesunde Ernährung, Stressvermeidung, Bewegung … all sowas.
Erst seitdem ich all diese Hebel für mich (hochindividuell) betätigt habe, sitze ich angstfrei bei den Nachsorgeuntersuchungen.
Und diese Angstfreiheit rührt nicht daher, dass ich glaube, nie mehr zu erkranken (auch wenn ich das natürlich hoffe ☺). Sie rührt daher, dass ich jetzt wirklich sagen kann:
Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, und eine Garantie gibt es auch hier nicht. Aber ich darf entspannt sein. Was jetzt noch passiert, habe ich nicht in der Hand.

Wenn wir uns auf diese Weise unseren Gefühlen stellen, dann dürfen sie nicht nur sein (dürfen sie ja eh!), dann kommt mit ihnen auch eine Art Handlungsbefehl, der mich wieder in die Mündigkeit führt und die eigene Machtlosigkeit verringert.

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