In den nächsten Jahren wird es Deutschland an circa 4 Millionen Fachkräften mangeln. Diese Tendenz spüren wir schon heute deutlich, wenn wir in Kitas, Krankenhäuser oder die Gastronomie schauen. Die Gründe dafür liegen unter anderem darin, dass viele „Boomer“ in Rente gehen (werden) und wir nicht genügend „Nachrücker“ haben.
Wirtschaft und Politik arbeiten gegen diesen Trend an, beispielsweise mit gezielter Zuwanderung. Auch die KI wird in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Und spätestens jetzt sehen wir, dass das eine das andere bedingt: Durch den Fachkräftemangel in den Kitas können Eltern nicht so arbeiten, wie sie wollen – und fehlen dadurch wiederum selbst als Arbeitskräfte. Und machen wir uns nichts vor – den Preis dafür zahlen überwiegend die Mütter. Die Währung sind unbezahlte Care-Arbeit, Teilzeitbeschäftigung oder verheerende 520-Euro-Jobs.
Auch qualifizierte Zuwanderer schauen sich das Land, in dem sie zukünftig leben und arbeiten wollen, gut an. Die mangelnde Kinderbetreuung ist dabei nur ein Punkt auf der Liste, der nicht unbedingt für Deutschland spricht. Stand jetzt wird dieser Mangel auf dem Rücken derer ausgetragen, die die Flagge in den Unternehmen (noch) hochhalten. Nur wurde dieser Rücken in den letzten Jahren schon arg in Mitleidenschaft gezogen: Corona, Krieg, Energie- und Umweltkrise … von persönlichen Belastungen ganz zu schweigen.
Es verwundert daher nicht, dass sich die Anfragen in der AkadeMe zurzeit stark auf das Thema „Resilienz“ beziehen.
„Unsere Leute pfeifen auf dem letzten Loch“, hören wir in Vorgesprächen ebenso wie in den Seminaren.
Das Pfeifen macht sich dann wiederum in der Kommunikation bemerkbar. „Ich bin alleine hier“ oder „Ich kann nur eins nach dem anderen“ oder auch „Sehen Sie nicht, was hier los ist?“ – solche Aussagen sind nichts anderes als verbale Pfeifgeräusche einer Dauerbelastung.
Schlimm wird es, wenn diese Sätze in vulnerablen Gruppen fallen, zum Beispiel in Krankenhäusern. Gerade hier benötigt der Mensch besondere Zuwendung. Zuwendung übrigens, die eine KI höchstwahrscheinlich nie leisten kann. Sie könnte uns aber den Rücken frei halten, damit der Mensch sich den Themen widmen kann, für die es Herz, Seele und Resilienz braucht. Jene Resilienz ist aber leider kein Thema, das nach 3 Stunden mit einem klassischen Lernziel abgeschlossen ist. Nein, es wäre völlig unprofessionell, zu versprechen: Wir machen Ihre Leute in 3 Stunden widerstandsfähig.
Um einer dauerhaften Belastung standzuhalten, benötigt es eine grundlegende Haltung, die im Übrigen nicht bei den Beschäftigten anfängt, sondern von oben vorgelebt wird. Andere Denkweisen, gedanklich neue Ansätze, das Überprüfen der eigenen Erwartung, SOS-Techniken, aber auch Schlagfertigkeit sind die Samen, die wir säen können. Auch dauerhaft begleiten.
Die menschliche Resilienz wird nie an Bedeutung verlieren. Ganz im Gegenteil. Lassen Sie sie uns nicht erst installieren, wenn die Rücken schon gebrochen sind.